Weihnachtsgeschichte 2016

Albert Robida, ein französischer Comiczeichner und Erzähler vom Anfang des 20. Jahrhunderts, entwarf in einigen Science-Fiction-Geschichten ein erstaunlich genaues Bild unserer Mediengesellschaft. In seinen Erzählungen stehen riesige Flachbildschirme herum, über die auf Endlosbändern Nonstop-Nachrichten aus aller Welt laufen, es gibt Videotelefonkonferenzen, ganz abgesehen von biologischer Kriegsführung, Umweltzerstörung in einem immens beschleunigten Leben.
In einem Interview im Jahre 1919 sagte er, er beneide die Menschen der Zukunft kein bisschen: ,,Sie werden ihren Alltag im Räderwerk einer total mechanisierten Gesellschaft verbringen, in einem Maße, dass ich mich frage, wie sie noch die einfachsten Freuden genießen wollen, die uns zur Verfügung stehen: Stille und Einsamkeit. Aber da sie all das überhaupt nie kennengelernt haben werden, wird es ihnen auch nicht fehlen.\“
Der 21. April 2009 hätte ein Tag der Freiheit werden können; ein Tag der Stille und inneren Sammlung; ja, ein nationaler Tag des autonomen Ichs!
Am 21. April 2009 hat ein heldenhafter Telekom-Angestellter das Dauergeschnatter auf allen Kanälen nicht mehr ausgehalten und einfach mal für Ruhe gesorgt. Er hat an jenem Nachmittag das System runtergefahren (angeblich aus Versehen) und dadurch 29 Millionen Telekom-Kunden fünf Stunden Stille geschenkt. Insgesamt sind das 145 Millionen Stunden, in denen diese Menschen endlich hätten in sich gehen können, durch Flussauen wandeln, ein gutes Buch in der Hand.
Stattdessen hackten die Telekom-Kunden wie besinnungslos auf ihre Handys ein und deckten dann umgehend das Unternehmen mit Beschwerdemails ein. Eine Welle der Empörung rollte über das Land, Unternehmer verklagten die Telekom, weil sie wichtige Geschäftspartner nicht erreicht hatten, aufgelöst jammerten Menschen in Fernsehkameras, sie fühlten sich wie amputiert.
Es ist kein Wunder, dass man offline solche Amputations- oder Unvollständigkeitsgefühle hat, schließlich delegieren wir längst einen Großteil unseres Wissens und Gedächtnisses an das Netz und überlassen unseren Geräten die Macht über unseren Tagesrhythmus. Viele User bekennen, dass der letzte Blick am Abend und der erste am Morgen nicht ihrer Familie, sondern dem Display ihres Organizers gilt, dass sie sich ohne ihn unvollständig fühlten.

Vielleicht sollten wir das in den kommenden Tagen mal ändern. Ich werde es tun – also nicht wundern wenn ich im Dezember nicht permanent erreichbar bin 😉

Frohe Weihnachten und sonnige Grüße
Armando Sommer

Weihnachtsgeschichte 2016

Albert Robida, ein französischer Comiczeichner und Erzähler vom Anfang des 20. Jahrhunderts, entwarf in einigen Science-Fiction-Geschichten ein erstaunlich genaues Bild unserer Mediengesellschaft. In seinen Erzählungen stehen riesige Flachbildschirme herum, über die auf Endlosbändern Nonstop-Nachrichten aus aller Welt laufen, es gibt Videotelefonkonferenzen, ganz abgesehen von biologischer Kriegsführung, Umweltzerstörung in einem immens beschleunigten Leben.
In einem Interview im Jahre 1919 sagte er, er beneide die Menschen der Zukunft kein bisschen: ,,Sie werden ihren Alltag im Räderwerk einer total mechanisierten Gesellschaft verbringen, in einem Maße, dass ich mich frage, wie sie noch die einfachsten Freuden genießen wollen, die uns zur Verfügung stehen: Stille und Einsamkeit. Aber da sie all das überhaupt nie kennengelernt haben werden, wird es ihnen auch nicht fehlen.\“
Der 21. April 2009 hätte ein Tag der Freiheit werden können; ein Tag der Stille und inneren Sammlung; ja, ein nationaler Tag des autonomen Ichs!
Am 21. April 2009 hat ein heldenhafter Telekom-Angestellter das Dauergeschnatter auf allen Kanälen nicht mehr ausgehalten und einfach mal für Ruhe gesorgt. Er hat an jenem Nachmittag das System runtergefahren (angeblich aus Versehen) und dadurch 29 Millionen Telekom-Kunden fünf Stunden Stille geschenkt. Insgesamt sind das 145 Millionen Stunden, in denen diese Menschen endlich hätten in sich gehen können, durch Flussauen wandeln, ein gutes Buch in der Hand.
Stattdessen hackten die Telekom-Kunden wie besinnungslos auf ihre Handys ein und deckten dann umgehend das Unternehmen mit Beschwerdemails ein. Eine Welle der Empörung rollte über das Land, Unternehmer verklagten die Telekom, weil sie wichtige Geschäftspartner nicht erreicht hatten, aufgelöst jammerten Menschen in Fernsehkameras, sie fühlten sich wie amputiert.
Es ist kein Wunder, dass man offline solche Amputations- oder Unvollständigkeitsgefühle hat, schließlich delegieren wir längst einen Großteil unseres Wissens und Gedächtnisses an das Netz und überlassen unseren Geräten die Macht über unseren Tagesrhythmus. Viele User bekennen, dass der letzte Blick am Abend und der erste am Morgen nicht ihrer Familie, sondern dem Display ihres Organizers gilt, dass sie sich ohne ihn unvollständig fühlten.

Vielleicht sollten wir das in den kommenden Tagen mal ändern. Ich werde es tun – also nicht wundern wenn ich im Dezember nicht permanent erreichbar bin 😉

 

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